Kurz notiert: „personalised learning“ und der Nürnberger Trichter

Nach dem Telekolleg, den Sprachlaboren, dem PC im Klassenraum, der 1:1-Ausstattung mit Laptops, den Schulen am Netz, dem Web 1.0, dem Web 2.0, den interaktiven Whiteboards, den Smartphones und Tablets, den Open Educational Resources, dem Flipped Classroom und den MOOCs leitet nun das Personalised Learning die Bildungsrevolution ein.

Big Data und clevere Algorithmen sollen dafür sorgen, dass die Schüler(innen) lernförderliches und vor allem unmittelbares Feedback bekommen, damit sie sich auf individuell errechnete und effiziente Lernpfade begeben können, die sicher zum Bestehen standardisierter Tests führen. Für Interessierte hat das Forum Bildung Digitalisierung hat eine YouTube-Playlist zusammengestellt, die das breite Spektrum aktueller Angebote aufzeigt.

Heute nun erschien im „Economist“ ein Artikel zum „personalised learning“, der nicht so sehr wegen seines (durchaus differenzierten) Inhalts interessant ist, sondern wegen der Grafik, die zur Illustration gewählt wurde:

Nürnberger-Trichter-Original

Interessant ist diese Grafik, weil sie – wohl unbeabsichtigt – einen zentralen Kritikpunkt visualisiert, der gegen viele Formen des „Machine Learning“ vorgebracht wird. Denn zu sehen ist natürlich eine digitale Variante des Nürnberger Trichters, bei dem das einst analog organisierte Abfüllen des Stoffes in den leeren Kübel des Schüler-Hirns kommod durch den cloudbasierten Down- und Upload digitaler Inhalte ersetzt wird.

Es ist keine allzu gewagte These, dass sich das „personalised learning“ in Zukunft auch daran messen lassen muss, ob sich Lernarrangements realisieren lassen, die weder latent behavioristisch grundiert sind noch Lernprozesse in das Prokrustesbett starrer Schemata pressen.

Neben spannenden Texten zu diesem Thema darf man dann auch auf die Grafiken gespannt sein, die zu ihrer Illustration gewählt werden.

P.S.: Dank an Pirmin Stadler für einige klärende terminologische Hinweise.

3 Gedanken zu “Kurz notiert: „personalised learning“ und der Nürnberger Trichter

  1. …und wenn wir Pech haben, ergeht es der Schule so wie der Gesellschaft, welche sich schon längst einem Nürnberger Trichter der Informationsüberschüttung und der personalisierten Werbungslawine abgefunden hat. Die Hoffnung auf mündigere, besser informierte und damit auch (selbst-)kritischere Menschen hat sich aus meiner Sicht grossmehrheitlich nicht erfüllt.
    Und das scheint mir auch die Schwierigkeit in der Schule; wie sollen mehrheitlich überforderte und ausgelieferte Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler zu einem reflektierenden Verstehen der digitalen Welt bringen?
    Ich bin je länger je mehr der Meinung, dass wir uns ziemlich unverfroren in die Tasche lügen und uns selber nicht eingestehen, dass wir einen nützlichen und reflektierten Einsatz digitaler Medien ebenso verpasst haben, wie vor fünfzig Jahren den „Kampf“ gegen das Fernsehen.
    Gerade als medien-affiner Zeitgenosse gestehe ich mir ein, dass ich trotz täglichen bemühens der digitalen Entwicklung ziemlich hilflos hinterherhinke. Ich bin schon beinahe stolz, wenn ich das aktuellste Smartphone nicht kaufe…

  2. Pingback: Notwendige Neologismen: „Palliative Didaktik“ | Bildung unter Bedingungen der Digitalität

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