Mit Comics gegen Manfred Spitzer. Oder: Warum wir Donald Duck brauchen

Er ist wieder da.

Manfred Spitzer hat ein neues Buch geschrieben. Nach todbringenden Bildschirmen (2005), digitaler Demenz (2012), dem krankmachenden Internet (2015) und der ansteckenden Einsamkeit von Menschen, die sich in der Virtualität verlieren (2018a), nimmt er nun mit dem epidemischen Smartphone (2018b) gleichsam den digitalen Bossgegner ins Visier. Viele fragen sich seit Langem, wie man Spitzer in die Schranken weisen kann. Die überraschende Antwort lautet: nur durch Comics!

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Wider den Mehrwert! Oder: Argumente gegen einen überflüssigen Begriff

Die Frage nach dem Mehrwert digitaler Medien für den Unterricht wird seit (mindestens) zwei Jahrzehnten hartnäckig gestellt. Wann immer innovative Ideen formuliert werden, scheint der Mehrwert das ultimative Kriterium zu sein, das über die didaktische Güte eines Konzepts entscheidet. Im Folgenden soll für die These argumentiert werden, dass der Mehrwert-Begriff unklar, irreführend, bewahrpädagogisch und letztlich überflüssig ist.

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Kurz notiert: Warum “Classcraft” eine didaktische Bankrotterklärung ist

Vorbemerkung:

Als kleine “Auftragsarbeit” mit extrem begrenzter Zeichenzahl entstand der unten stehende Text zu Classcraft. Classcraft ist eine Plattform, die mit Slogans wie  “Machen Sie Ihren Unterricht unvergesslich” oder “Verleihen Sie Ihrem Unterricht Superkräfte” wirbt und das Prinzip der Gamification nutzt, um den traditionellen Unterricht in ein Fantasy-Rollenspiel zu verwandeln.

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Wie ein Common-Sense-Medienbegriff zu pädagogischen Fehlschlüssen führt

Das Nachdenken über den Medienbegriff wird häufig als theoretisches Glasperlenspiel angesehen, das allerhöchstens im praxisfernen Lehnstuhl des wissenschaftlichen Elfenbeinturms seinen Platz hat.

Im Folgenden soll an einem aktuellen Beispiel aus einem höchst einflussreichen Buch gezeigt werden, wie ein inadäquater Medienbegriff zu pädagogischen Fehlschlüssen führt, die erhebliche Folgen für die konkrete Unterrichtswirklichkeit haben können.

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Die Nike-Didaktik. Oder: Warum man auf den pädagogischen Grundsatz “Einfach machen!” verzichten kann

Der Philosoph Otto Neurath hat im Kontext erkenntnistheoretischer Überlegungen ein Gleichnis geprägt, das weit über die Grenzen der Philosophie hinaus immer wieder zitiert wird. Es lautet:

Es gibt keine tabula rasa. Wie Schiffer sind wir, die ihr Schiff auf offener See umbauen müssen, ohne es jemals in einem Dock zerlegen und aus besten Bestandteilen neu errichten zu können.

(Neurath 1932/33, S. 206)

Dieses Gleichnis lässt sich auch auf den Bildungsbereich anwenden: Denn Schulen und Hochschulen können nicht einfach solange geschlossen werden, bis ein gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, wie man den Transformationen begegnen soll, die mit der Kultur der Digitalität verbunden sind. Es gibt keine tabula rasa. Wir müssen die Unterrichtspraxis im laufenden Betrieb verändern bzw. in letzter Konsequenz durch vollkommen neue Konzepte ersetzen.

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Warum der Grundsatz “Pädagogik vor Technik” bestenfalls trivial ist

Der Grundsatz “Pädagogik vor Technik”, der im aktuellen Diskurs über Bildung und Digitalisierung sehr häufig zu hören ist, hat mindestens drei Lesarten, die im Folgenden kurz kritisch betrachtet werden. “Pädagogik vor Technik” kann demnach meinen,

  1. dass Technik dem Menschen dienen sollte, nicht der Mensch der Technik.
  2. dass man sich zunächst auf das pädagogische Kerngeschäft konzentrieren sollte, bevor man das Klassenzimmer für Technik öffnet.
  3. dass pädagogische Entscheidungen vor technischen Entscheidungen getroffen werden müssen.

Es wird sich herausstellen, dass Lesart (1) zwar wahr, aber bestenfalls trivial ist, während die Lesarten (2) und (3) falsch sind und schlimmstenfalls dazu führen, insbesondere die Potenziale digitaler Medien für den Unterricht zu verkennen.

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Anzeichen der Krise (II): Datenschutz statt Dienst

Als Mitte des 19. Jahrhunderts die neuen Automobile auf die Straßen drängten, wurde in Großbritannien und Irland der “Red Flag Act” erlassen. Von 1865 bis 1896 musste jedem Auto ein Mann mit einer roten Flagge vorausgeschickt werden, damit insbesondere die Fußgänger vor der motorisierten Gefahr gewarnt werden konnten.

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(Bild “Red Flag Act of 1865”. Jin Ho, Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Auf diese Weise wurde das neue Transportmittel seiner größten Vorteile beraubt, was die um Kundschaft konkurrierenden Kutscher und Eisenbahner zumindest nicht gestört haben dürfte und sicherlich auch etliche Menschenleben gerettet hat.

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Anzeichen der Krise (I): Das gute alte Postfach statt digitaler Medien

In der krisenhaften Übergangszeit zwischen dem Gutenberg-Paradigma und dem Turing-Paradigma driften die Buch-Schule und die Welt der Digitalität immer weiter auseinander.

Neben offensichtlichen Abwehrmaßnahmen wider das Neue (z.B. Smartphones) lassen sich deutliche Anzeichen der Krise auch an internen Widersprüchen ablesen, die manchmal etwas schwieriger zu entdecken sind. Das soll anhand des folgenden Beispiels gezeigt werden:

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Wie man YouTube-Kids mit Tokio-Hotel-Angie den Medienbegriff McLuhans erklärt

Bekanntlich begreift McLuhan jede „Ausweitung unserer eigenen Person“ (1964, S. 21), mit deren Hilfe wir unsere Sinne erweitern und unsere Organe ergänzen, als Medium. Neben dem gesprochenen Wort, der Telegrafie, dem Kino und dem Radio fallen daher beispielsweise auch Straßen, Uhren, das Fahrrad und Waffen unter den Begriff “Medium”, dessen theoretischer Nutzen mit größer werdendem Umfang zusehends schwindet.

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Das Zugabteil als Skeuomorphismus – oder: Warum man in der Bahn Bücher liest

Am 20.10.2017 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel mit dem Titel “Bloß nicht reden” von David Denk, der sich mit der Abschaffung der Abteile im neuen ICE 4 beschäftigt. Kernthese des Textes: Das gute alte Zugabteil hat ausgedient, weil sich der moderne Mensch nicht mehr mit anderen unterhalten will. Es sei uns, so Denk, “inzwischen unangenehm, von lauter Fremden umzingelt zu sein.”

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